Zu den Dialekträumen
Landläufig versteht man unter "fränkisch" ganz allgemein die Dialekte, wie sie in den drei nordbayerischen Regierungsbezirken Ober-, Mittel- und Unterfranken gesprochen werden. In der Mundartforschung werden diese Dialekte aber als Ostfränkisch bezeichnet und von anderen fränkischen Dialekten, wie etwa dem Mittelfränkischen, zu dem die Mundarten an der Mosel sowie im Rheinland südlich von Düsseldorf gehören, oder dem Rheinfränkischen, zu dem die hessischen und pfälzischen Mundarten zählen, unterschieden.
Das Ostfränkische ist unterteilt in zwei größere Gebiete: Unterostfränkisch ist in weiten Teilen von Unterfranken zu hören, sein Verbreitungsgebiet entspricht ungefähr dem mittelalterlichen Territorium des Hochstifts Würzburg, und es erstreckt sich im Norden bis zum Rennsteig, also über die fränkische Bezirksgrenze hinaus. Oberostfränkisch wird v.a. in Ober- und Mittelfranken gesprochen. Es ist erst später nach der Gründung des Bistums Bamberg 1007 entstanden. Die Sprachgrenze zwischen beiden Mundarträumen ist die sogenannte Steigerwald-Coburg-Obermainschranke. Im Südosten des Oberostfränkischen bildet der Nürnberger Raum einen breiten Übergangsstreifen zwischen dem Ostfränkischen und dem Nordbairischen, das man v.a. in der Oberpfalz spricht. Im Westen Mittelfrankens ist im Rothenburg-Feuchtwanger-Raum das Südostfränkische zu finden, das sich allerdings gegen die ostfränkischen Nachbarmundarten nur schwach absetzt. Es wird landläufig auch als "hohenlohisch" bezeichnet und weist Gemeinsamkeiten sowohl mit dem Unterostfränkischen, mehr aber noch mit dem Oberostfränkischen auf.
Die Karte stellt die wichtigsten Grenzen und die Binnengliederung der Mundarträume in Unterfranken dar. Die in unterschiedlichen Farben unterlegten Flächen zeigen, dass in Unterfranken verschiedene regionale Dialekte gesprochen werden. Zentrum der in verschiedenen Blautönen markierten unterostfränkischen Dialekte ist der Würzburger Raum sowie der anschließende Ochsenfurter Raum. Aufgrund einiger markanter Merkmale ist der Würzburger Raum nochmals untergliedert in den Nördlichen und Südlichen Würzburger Raum (z.B. nördl. Määdlich, mich, giia, is, südl. Määdli, mi, geea, id für "Mädchen, mich, gehen, ist"). Eine Sprachgrenze innerhalb des Unterostfränkischen ist die Schweinfurter Staffellinie, sie trennt bei Endungen auf -en westliche Realisierungen auf Vokal von östlichen Realisierungen auf Nasal (z.B. westl. Wiese, krieche, Wooche, östl. Wiesn, kriechn, Woochn für "Wiese, kriechen, Wagen").
Die östliche Außengrenze des Unterostfränkischen ist die Steigerwaldschranke, die in Unterfranken einen Teilabschnitt der schon erwähnten Steigerwald-Coburg-Obermainschranke bildet. Zu den wichtigsten Unterschieden zählen z.B. westl. Naabel, Eemer, Eisel, östl. Neebel, Aamer, Eesel für "Nebel, Eimer, Esel").
Im Norden schließen sich das Grabfeld und der Henneberger Raum an, die von der Hennebergischen Schranke umschlossen werden (z.B. nördl. in den Ofen (Ortsadverb als Präposition), Trotze (für "Jauche"), Durf, südl. hinein den Ofen, Strotze, Dorf). Beide, in verschiedenen Grüntönen markierten Sprachräume weisen bereits Einflüsse aus dem benachbarten Osthessischen, Südthüringischen und Itzgründischen auf, aber sie haben auch viele Gemeinsamkeiten mit dem Unterostfränkischen. So bildet bspw. die Grabfeldlinie die ungefähre Nordgrenze für die unterostfränkischen Diphthonge, z.B. nördl. Bruuder, müüd, liib, südl. Bruoder, müed, lieb für "Bruder, müde, lieb".
Die westliche Außengrenze des Unterostfränkischen ist die Spessartbarriere. Sie bildet in Unterfranken einen Teilabschnitt der Germersheimer Linie, die vom Nordrand des Elsaß über Karlsruhe und Heidelberg, westlich von Würzburg durch den Spessart, weiter nördlich durch die Rhön (Rhönschranke) und über den Rennsteig im Thüringer Wald (Rennsteigschranke) leicht nach Süden abfallend bis nach Plauen verläuft. Sie trennt die oberdeutschen von den mitteldeutschen Mundarten und gilt als eine der wichtigsten Sprachgrenzen im deutschen Sprachraum. Aufgrund eines markanten Unterscheidungsmerkmals wird sie auch als appel-apfel-Linie bezeichnet, weitere Merkmale sind z.B. westl. Pund, Nebel, Amer, -chen (Diminutivendung), östl. Pfund, Nabel, Emer, -lein. Entlang der Spessartbarriere sind Übergangsgebiete entstanden, in denen sich die sprachlichen Merkmale der benachbarten Dialekträume (Osthessisch, Zentralhessisch, Südhessisch, Unterostfränkisch) überlagern und beeinflussen. Zu diesen Übergangsgebieten zählen alle weiteren, in Grüntönen markierten Sprachräume wie der Brückenauer Raum, der Osthessische Trichter, der Fuldaer und Mainzer Übergangsstreifen sowie der Amorbacher Raum.
Ganz im Westen Unterfrankens, in den Gebieten, die früher zum Erzbistum Mainz gehörten, wird zentralhessisch bzw. mittelhessisch, also ein mitteldeutscher Dialekt gesprochen. Hierzu gehört der in Gelbtönen markierte Alzenauer und Aschaffenburger Raum. Markante Unterschiede zum Unterostfränkischen sind – außer appel-apfel – z.B. zentralhess. Kees, braad, Frosch, unterostfränk. Kaas, brääd, Frousch für "Käse, breit, Frosch".
Weiterführende Literatur
Weitere Informationen zu den Dialekten und Dialekträumen in Unterfranken und Franken findet man in:
- Blidschun, Claudia/Fritz-Scheuplein, Monika (2010): Franken dialektologisch. In: Egge, Heiner/ Goltz, Reinhard (Hrsg.): Jahrbuch 2010 der Klaus-Groth-Gesellschaft e.V. Heide in Holstein, 115-127.
- Fritz-Scheuplein, Monika (2018): Dialekte in Franken. Ein Überblick. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Geschichte, Kunst und Kultur. Sonderheft 2018, 6-22.
- Fritz-Scheuplein, Monika/König, Almut/Krämer-Neubert, Sabine (2007): Sprachräume in Unterfranken. In: Studia Germanistica Bd. 2. Hg. Von Lenka Vanková und Norbert Richard Wolf. Ostrava, 69-72, 4 Karten im Anhang. (=Acta Facultatis Philosophicae Universitatis Ostraviensis 233/2007).
- Klepsch, Alfred (2009): Fränkische Dialekte. In: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Fränkische_Dialekte> (4.04.2019).
- König, Almut/Blidschun, Claudia/ Fritz-Scheuplein, Monika/Wolf, Norbert Richard (2007): Kleiner Unterfränkischer Sprachatlas (KUSs). Heidelberg.
- Krämer-Neubert, Sabine (2009): Konzept der Mundarträume in und um Unterfranken. In: Fritz-Scheuplein, Monika/König, Almut, Krämer-Neubert, *Sabine/Wolf, Norbert Richard: Wörterbuch von Unterfranken. Eine lexikographische Bestandsaufnahme. 3. überarbeitete und erheblich erweiterte Auflage. Würzburg, 20-27.
- Krämer-Neubert, Sabine (2004): Sprachräume in Franken. In: Edel und Frei. Franken im Mittelalter. Hrsg. vom Haus der Bayerischen Geschichte. Augsburg. Abrufbar unter http://udi.germanistik.uni-wuerzburg.de/wp/materialien/aufsaetze-und-vortraege/